Am 29. Juni 2012 jährt sich zum 50. Mal der Tag meiner Priesterweihe im Stephansdom in Wien durch Kardinal Franz König. Und so möchte ich heute ein wenig zurückschauen auf 50 besondere Jahre.
Zunächst erinnere ich mich sehr gerne der sechs Jahre als Kaplan in Maria Namen in Wien-Ottakring. Ich hatte dort den Auftrag, eine „Katholische Jungschar“ in der Pfarre aufzubauen. Es entstanden einige sehr gute Gruppen. Besonders meine erste MJS Gruppe „Morgenstern“ heimste Erfolg um Erfolg ein, was natürlich auch mich, den Jungscharkaplan, sehr freute. Viele sehr schöne Jungscharlager fanden statt: Krieglach, Seckau usw. Die Gemeinschaften in der Jungschar blühten. Der Grundsatz „Die Ministranten sind die Elite der Jungschar“ konnte damals so richtig aufblühen. Allerdings waren da noch die Mädchen sehr benachteiligt, denn sie durften ja (noch) nicht ministrieren. Nicht ich als Kaplan war für das erfolgreiche Jungscharleben maß-gebend, es waren die tüchtigen Führerinnen und Führer der Jungschargruppen. Ich lernte, wie wichtig es ist, viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu haben. Meinem irdischen Chef Pfarrer Dr. Gebhard Müller – auch Pfaderer-Müller genannt – bin ich sehr dankbar, dass ich überall in die Pfarrarbeit hineinschnuppern durfte.
Nachdem ich, wie sonst nicht sehr üblich sechs Jahre dort in Maria Namen Kaplan gewesen bin, reichte ich, da ich annahm bald versetzt zu werden, um die nächste freie Pfarre ein, die im Diözesanblatt ausgeschrieben war. Es war Ladendorf. Gottes Geist muss hier Regie geführt haben. Diese 44 Jahre in Ladendorf hatten viele Höhepunkte. Eh klar, denn welche Pfarre kriegt denn heute noch einen jungen Pfarrer. Es begann eigentlich sehr schwierig: der damalige Dechant hatte auf die Installierung vergessen und war noch in Kroatien auf Urlaub. Aber in der Nachbarpfarre Paasdorf war ein berühmter Pfarrer, Dr. Martin Stur, der mich installierte. Es war am ersten Septembersonntag 1968.
Ich erinnere mich noch, dass ich dabei auf die Kanzel geklettert bin, dort mir sehr komisch vorgekommen bin, und um Mitarbeit gebeten habe. Das wollte ja das zweite Vatikanische Konzil. Mit der gewaltigen Reaktion auf diesen Aufruf habe ich nicht gerechnet: 14, 15, 16, 17, 18 jährige Ministranten nahmen ihren Dienst wieder auf. Es waren so viele, dass mir gute Seelen aus Maria Namen Ministrantengewänder spendeten! Zur Jungscharaufnahme Ende September 1968 konnten 90 Jungscharkinder in diese Kinderorganisation der Kirche aufge-nommen werden. Sogar die Diözesanleitung war zu diesem Fest nach Ladendorf gekommen. Innerhalb ganz kurzer Zeit wurden ein Pfarrbeirat und ein Pfarrkirchenrat neu gegründet. Kein einziger Angesprochener sagte damals nein. Ich bin mir in der Volksschule vorgekommen wie in einem Sanatorium, so erholsam war damals das Unterrichten. Gut, das war halt damals so. Aber ich erlebte nicht nur am Anfang meiner Tätigkeit viel Freude. Das zog sich durch die ganzen 44 Jahre hindurch wie ein roter Faden. Natürlich gab es auch Enttäuschungen. Ganz arg trifft es mich, wenn Ministranten und – jetzt gibt es das auch schon seit vielen Jahren – Ministrantinnen, aufhören zum Ministrieren. Das liegt mir immer im Magen, weil ich halt selbst nie aufgehört habe, Ministrant zu sein, und ich mich auch als Priester als Ministrant verstehe weil ich Christus dem höchsten König und seinen Brüdern und Schwestern dienen darf. Ich freue mich gewaltig, wenn heute schon einige Erwachsene bei uns ministrieren. Wegen Platz-mangels muss ich jetzt aber schauen, dass ich mit meinem Rückblick zu Ende komme.
Natürlich wurde unsere Pfarre in der Diözese sehr bekannt. Daher gab es für den Pfarrer auch verschiedene Auszeichnungen: Geistlicher Rat, Konsistorialrat, Monsignore. Ich verstehe diese Auszeichnungen – und sagte das auch immer ausdrücklich – als Auszeichnung für unsere Pfarren. Denn was ist ein Pfarrer ohne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Ein armer Hund.
So mir Gott die Gesundheit gibt, habe ich natürlich vor (noch) nicht in Pension zu gehen. Es gibt ja viele Mitarbeiter und -innen, und so bin ich ja kein armer Hund.
Euer alter jubilierender Pfarrer Walter Pischtiak
(red)